Die Coopzeitung stellte dem Botschafter von China, Dong Jinyi, sechs Fragen zur Schweiz. 
1. Was bedeutet Ihnen die Schweiz?
Sobald die Rede auf die Schweiz kommt, fallen mir die Wörter  wie Schönheit, Wohlstand, Qualität, Fleiss ein. Die Schweiz hat in China  einen schönen Titel: „Garten der Welt". Ihre schwingenden Berge,  schimmernden Seen, Weiden mit Schaf- und Kuhherden sowie die  traditionellen „Chalets" in unterschiedlichen Stilen bilden eine  bezaubernde Landschaft. Ebenso weltbekannt ist der Wohlstand der  Schweiz. Obwohl die Schweiz ein kleines Land mit wenig Ressourcen ist,  ist sie hoch entwickelt und der Lebensstandard ihrer Bevölkerung gehört  zur  Weltspitze. Innovation und Technologie vor allem in der Uhren-,  Pharma- und Chemieindustrie sind erstklassig. Dies ist ebenfalls ein  Spiegel der hohen Schweizer Qualität. Ich bewundere es sehr, dass die  Schweizer in einer so angenehmen Umgebung immer noch Tugenden wie  Zähigkeit, Sparsamkeit und Fleiss behalten. Den jüngsten Zahlen aus  Bundesamt für Statistik zufolge beträgt die Arbeitszeit eines Schweizers  42,23 Stunden pro Woche, was den drittbesten Wert der Welt darstellt.  Ich meine, dass das der Hauptgrund ist, warum sich die Schweiz in die  Völkergemeinschaft etabliert hat und sich in einer hervorragenden  Position befindet.
2. Was ist der grösste Unterschied zu Ihrer Heimat?
 
Die Unterschiede aller Länder in den Bereichen Geschichte,  Kultur, Tradition und System bilden nach meiner Meinung die  Vielfältigkeit der heutigen Welt. Deswegen sollten beide Länder einander  respektieren, voneinander lernen, sich gegenseitig ergänzen und in  Eintracht leben. In diesem Sinn haben viele Unterschiede zwischen China  und der Schweiz die Entwicklung der freundschaftlichen Zusammenarbeit  überhaupt nicht behindert. Zum Beispiel hat China ein Hoheitsgebiet von  rund 9,6 Millionen qkm, die Schweiz von 41284 qkm, die Fläche Chinas ist  damit 232mal gross wie die der Schweiz; die Bevölkerungszahl Chinas  (1,3 Milliarden) ist 173mal grösser als die der Schweiz (7,5 Millionen);  das Bruttoinlandprodukt pro Kopf ist in der Schweiz (51800 Dollar)  21mal grösser als das Chinas (2461 Dollar); China ist zudem ein  sozialistischer Staat und die Schweiz ein hochentwickelter  kapitalistischer Staat. Mit grosser Freude habe ich bemerkt, dass der  Austausch und die Zusammenarbeit zwischen China und der Schweiz  besonders in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht haben  und die gute Kooperation beider Länder in internationalen  Angelegenheiten immer existiert. Der Ministerpräsident der VR China, Wen  Jiabao, wird mit einer grossen Delegation der Schweiz einen Besuch  abstatten, was die Beziehungen zwischen beiden Ländern sicherlich weiter  kräftig vorantreiben wird.
3. Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?
Ein chinesisches Sprichwort lautet „Essen ist des Volkes  Himmelreich." Seit China vor 30 Jahren die Reform- und Öffnungspolitik  eingeführt hat, hat sich der Lebensstandard der Chinesen stark erhöht.  Aber im Vergleich zu der Schweiz sind die Chinesen noch nicht  wohlhabend. Zur Zeit leben 15 Millionen Chinesen in Armut, die lediglich  genug zu essen haben und nicht gut essen können. Ich hoffe, dass alle  Chinesen eines Tages eine hohe Lebensqualität geniessen können wie die  Schweizer.
Was mich betrifft, esse ich gerne die „Xinlimei" Rübe ( „Xinlimei"  bedeutet das schöne Herz, eine Art von Rüben in Nordchina), weil ich  meine Kindheit in Nordchina verbracht hat. In der chinesischen Esskultur  richtet man die grosse Aufmerksamkeit darauf, durch das geeignete Essen  gesund zu bleiben und Krankheiten zu vermeiden. Die "Xinlimei" Rübe  kann zur Vertreibung des pathogenen Feuers beitragen und ist gut für die  Förderung der Atemzirkulation. In Nordchina gibt es ein Sprichwort: „  Iss Rübe, trinke heissen Tee, dann haben Ärzte kein Geld zu verdienen",  das heisst, man sollte Rübe essen,wenn man gesund bleiben und nicht zum  Arzt gehen will. Ich glaube, dass es ähnliche Redewendungen in der  westlichen Kultur gibt, z. B. „ein Apfel pro Tag hält den Arzt fern."  Aufgrund des Klimas und des Bodens gibt es in der Schweiz leider keine  „Xinlimei" Rübe. Deshalb freue ich mich, während meiner Ferien in China  diese Rübe geniessen zu können. 
 
4. Was würden Sie aus der Schweiz mitnehmen?
Ich habe knapp ein Jahr in der Schweiz gearbeitet, aber die  schöne Landschaft und die Tugenden der Schweizer wie z.B. Fleiss,  Freundlichkeit, Aufrichtigkeit haben bei mir einen tiefen Eindruck  hinterlassen. Wenn meine Amtszeit zu Ende gehen und ich nach China  zurückkehren würde, nähme ich schöne Erinnerungen und Freundschaft mit  und natürlich auch Schweizer Schokolade. 
5. Was halten Sie von der Schweizer Küche?
Die schweizerische Küche hat viele Spezialitäten. Ich habe "Fondue" und "Raclette" probiert und beides schmeckt mir gut.
6. Welches ist Ihr Lieblingsort in der Schweiz? 
In der Schweiz habe ich schon viele Orte besucht, besichtigt und  bereist. Die einzigartige Faszination der Natur- und Kulturlandschaften  hat mich tief beeindruckt. Aber in diesen Orten gefällt mir Luzern fast  am besten. Seine über eine lange Zeit angesammelten historischen und  kulturellen Teile sind durch das bunte kulturelle und künstlerische  Leben von heute perfekt gekennzeichnet und werden fortgesetzt. Ausserdem  bilden der schroffe Pilatus, der schimmernde Vierwaldstättersee sowie  die alte Stadt eine harmonische Einheit. Mit Fug und Recht bezeichnete  Alexandre Dumas, der berühmte französische Autor, Luzern als "a pearl in  the world's most beautiful oyster".

