Tochter Jasmin bringt ihn zurück nach Luzern
Seine Geschichte ging nach dem Olympiasieg in Atlanta 1996 um die Welt. Da war dieser junge chinesische Spitzenturner, der 1988 auf dem «Platz des Friedens» in Peking die Luzernerin Esperanza Friedli traf, vier Monate später aus Liebe ihr in die Schweiz folgte, dort fünf Jahre der Entbehrungen und auch Ausgrenzungen überstand und nach Erhalt des Roten Passes für die Schweiz Europa- und Weltmeistertitel und eben Gold am Pauschenpferd eroberte. Andere fühlen sich als Tiger, er aber sei ein «Adler», der stets das Weite suche und fliegen muss, sagte Donghua Li zwei Tage vor dem Goldgewinn. 13 Jahren nach dem Erfolg sagt der 41-jährige lachend: «Der Adler ist gelandet.»
Donghua Li treffen wir bei Umbauarbeiten seiner ersten Eigentumswohnung in Adligenswil, in die er diese Woche einziehen wird. Die Attikawohnung hat 5.5 Zimmer, Riesenterrasse, Trainingsplatz, Whirlpool, High-Tech-Geräte, 2 Satellit, Internet und Beamer und Multimedia System in fast jedem Raum, neue Möbel, neue Küche von V-ZUG, sowie Garage mit Platz für die neue Mercedes E-Klasse-Limousine und drei schwere Motorräder von Suzuki. Ein Zimmer musste Li soeben zum zweiten Mal Grün-Gelb umstreichen lassen – auf Wunsch von Tochter Jasmin. Die 12-jährige angehende Kantischülerin, wie Donghua Li schwärmt, ist ganz der Stolz des Papas. «Es war klar Jasmins Wunsch, dass ich von meiner Wohnung in Zürich zurück nach Luzern komme», sagt Donghua Li.
Die Liebe, die ihn in die Schweiz brachte, ist vor fünf Jahren freundschaftlich beendet. Von Esperanza, die die Stadt Luzern nicht verlassen hat, spricht Li aber immer noch mit grösstem Respekt und Bewunderung: «Unsere Tochter hält uns zusammen», sagt er. Essen und Kino-Besuche zu Dritt sind jetzt nach dem Umzug wieder besser möglich und die Besuche von Jasmin alle zwei Wochenenden einfacher zu organisieren. «Esperanza und Jasmin sind nach wie vor die wichtigsten Personen meines Lebens», sagt Donghua Li.
Im Moment ist er Single und lebt ganz gut damit, wie er sagt. Auch beruflich stimmt es für den Unternehmer sehr gut: Seine von ihm 1995 gegründete PR-Firma ist ausgelastet. Mit Turn-Shows und Turnstunden muss er wegen einer Verletzung eine Genesungspause einlegen. Im neu von Magic Design kreierten Erscheinungsbild der «Donghua Li International Promotion GmbH» ist das Turnen etwas in den Hintergrund gerückt und wird die Vermittlungstätigkeit für Firmen zwischen China und der Schweiz stärker betonen. Li's Funktion während den Olympischen Spielen in Peking als offizieller Attaché für Swiss Olympics hat nochmals zusätzlichen Schub vermittelt. Ob für die Lancierung von neuen Schweizer Uhrenmodellen in China, die Vermarktung asiatischer Heilsmittel in Europa oder die Bekanntmachung des von ihm entdeckten «Titlis Natural Buddha » auf dem Titlis, über die ein Fernsehteam von Chinas Staatsfernsehen CCTV zurzeit einen Dok-Film plant.
Als Brückenbauer versteht sich Li auch im politisch heiklen Problembereich Tibet-China. Schon vor den Peking-Spielen hat er sich dazu in den Medien dezidiert geäussert. Und stolz erzählt er, dass auf sein Einwirken hin vier Mitglieder der chinesischen Botschaft ein Konzert der tibetischen Sängerin Dechen Shak besucht haben.
«Lange Zeit hatte ich nur Freunde aus Turnsport-Kreisen, das hat sich geändert», sagt Li. Wenn er heute zum Essen lädt, sitzen Chinesen, Tibeter und Schweizer mit am Tisch.
Eine Rückkehr nach China sei gar nicht nötig, sagt er. Jährlich führen ihn Reisen in seine Heimatstadt Chengdu. Und diesen Herbst kommen Bruder und dessen Braut bei ihrer Hochzeitsreise zusammen mit den Eltern nach Adligenswil – auf Einladung von Donghua Li. Die Familienbindung ist ihm wichtig - eben: wie einem Adler, der gelandet ist.
Text: Ueli Bachmann
Bild: Boris Bürgisser
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